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Der Poet und Zeichner hinter dem Lenkrad

14. Mai 2015

Markus Schär aus Möriken-Wildegg, Chauffeur bei der Firma Lüpold, verschickt Weihnachtskarten mit eigenen Sujets und Geschichten. Nun stellt er sie in Möriken aus.

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Text und Bild aus dem Lenzburger Bezirksanzeiger vom 14.05.2015, Beatrice Strässle

Sein Herz schlägt für «Scania», das ist beim Betrachten seiner Bilder augenfällig. Auch bei der Firma Lüpold ist es ein Scania, mit welchem er Strassen wischt und noch viel mehr, eine Maschine der Sonderklasse. Doch wenn er nicht gerade unterwegs zu einer Baustelle ist und der Feierabend eingeläutet wird, dann zieht es ihn entweder zu seinem Scania, Jahrgang 1996, mit 1,6 Mio. gefahrenen Kilometern, den er mit viel Akribie wieder herrichtet. «Ich fand Lastwagen immer schon toll und fuhr als Junge mit dem Töffli nach Basel an den Zoll, um die Lastwagen zu fotografieren», erzählt er. Im Jahr 1997 zeichnete er seinen ersten Lastwagen, fein mit Bleistift, kein Detail wurde ausgelassen. Die Idee reifte in ihm, diese Zeichnung als Weihnachtskarte zu verschicken. Für Markus Schär kam ein profaner Spruch wie «Schöne Weihnachten und ein gutes neues Jahr», nicht infrage. Er schrieb eine kurze Geschichte, der Held darin war der Lastwagenchauffeur des Scania auf dem Bild. Durch seine Fahrten in jungen Jahren nach Spanien, Portugal, Bulgarien und den Ostblock waren es viele Bekannte, die eine dieser speziellen Karten bekamen, und je nach Land in Deutsch, Englisch oder Holländisch verfasst.

 

Echte Helden und ihre Geschichten

Jahr für Jahr kam eine Karte dazu, die Texte wurden immer feiner und inhaltsreicher. Was früher in drei Sprachen auf einer Seite Platz fand, benötigt heute je eine Seite. Das Besondere an den Geschichten ist, sie sind meist wahr, nur zweimal probte er sein dichterisches Talent – auch dies erfolgreich. Mittlerweile verschickt er jedes Jahr an die 240 Karten, diese werden sehnlichst erwartet. «Ich glaube, dass ich gar nicht mehr damit aufhören kann», stellt er fest. Sein Wissen und seine Erlebnisse fanden auch Niederschlag in einigen Büchern über die Helden der Landstrasse. Der Erfolg dieser Bücher war auch, dass sich viele Chauffeure wieder fanden und sich nun regelmässig treffen, meist um in Erinnerung an die vergangenen Zeiten zu schwelgen. Die Fernfahrromantik, wie er sie selber noch erlebt hat, ist längst der Jagd nach einer Fuhre und dem Zeitdruck gewichen. Wo die Helden der Landstrassen noch zu finden sind, weiss er genau. «Im Iran», stellt er kurz und bündig fest. «Da fährt die ganze Geschichte des Transportwesens an einem vorüber», kommt er ins Schwärmen. Er muss es wissen, denn vor nicht allzu langer Zeit war er mit einem Oldtimer-Lastwagen und einem Camper im Iran unterwegs. Ein Traum, den er schon lange hegte. Auch davon ist eine Karte entstanden. Bei der Frage, ob eine Reise in den Iran denn nicht gefährlich sei, winkt er ab und meint: «Ja, der Orient ist abenteuerlich, aber ich habe grosse Gastfreundschaft erlebt und wunderschöne Frauen gesehen», erklärt er augenzwinkernd.

Die Bilder fahren mit

Wie es in der Firma Lüpold Usus ist, wird mittels Airbrush-Technik das Hobby auf die Lastwagen der Chauffeure gesprayt. Für den Hof-Sprayer Marcel Hunziker waren die Sujets von Markus Schär eine grosse Herausforderung – sie ist ihm meisterlich gelungen und man ist versucht, mit den Händen zu prüfen, ob die Karten wirklich nicht nur aufgeklebt sind. Doch von diesem Ansinnen lässt man sofort ab, wenn Schärs Stimme ertönt: «Hände weg.» Was man aber darf, die Augen darauf richten, und dies vor allem auf die Karten mit den Geschichten, welche noch bis zu den Sommerferien in der Bibliothek Möriken ausgestellt sind. Ebenfalls kann man in den Büchern, bei welchen Schär mitgewirkt hat, blättern. Eine Reise in eine für die meisten unbekannte Welt der Fernfahrer.

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